Entwertet werden, ein Thema, eine Empfindung, ein Gefühl, dass jeder von uns in der einen oder anderen Weise kennt. Was passiert denn, wenn wir entwertet werden? Häufig ist es wie ein Schlag in den Magen, wir sind verletzt. Die persönliche Grenze wird überschritten und dann gibt es mehrere Reaktionsmuster: entweder werden wir sauer, manchmal sogar gemein und unfair. Oder wir werden klein und noch kleiner, schämen uns vielleicht sogar.
Doch wie komme ich darauf, gerade über dieses Thema zu schreiben? Weil ich selbst entwertet worden bin und mich das – zumindest am Anfang - tief getroffen hat.

Eine Patientin, die schon länger zu mir kommt, überlegt, sich beruflich weiter zu qualifizieren. Dazu nimmt sie einen Gesprächstermin wahr, in dem es eigentlich um die Weiterbildung gehen sollte, zumindest hatten die Patientin und ich das aus der Ausschreibung so gelesen. Das Fazit des Gesprächstermin: Die Patientin wisse nicht, was sie wolle und sie solle sich mal eine richtige Psychotherapeutin suchen. Ich hätte ja noch nicht mal studiert. Abgesehen davon, dass meine Patientin ja da war, um herauszufinden, ob die Weiterbildung etwas für sie sei. In meiner Welt doch etwas das Pferd von hinten aufgezäumt. Da weiß man noch nicht im Voraus, ob man etwas will oder nicht.
Als die Patientin die Situation schilderte und auch, was die Dame da über mich gesagt hatte, war ich baff. Wie kam eine mir fremde Person dazu, so über mich zu urteilen? Ohne mich zu kennen, hatte sie meine Qualifikationen (ja, ich habe vier Jahre Kunsttherapie studiert und arbeite seit vielen Jahren in einer Reha-Klinik) und meine persönliche Eignung für Therapie beiseite gefegt und mich auf eine Schublade (Heilpraktikerin für Psychotherapie) reduziert.
Natürlich weiß ich, dass Heilpraktiker für Psychotherapie nur eine Überprüfung beim Gesundheitsamt ist und die Schublade bei vielen passt. Aber nicht bei allen.
Wie bin ich damit umgegangen? Kurz hatte ich überlegt, der Dame eine Mail zu schreiben, um meine Grenze wiederherzustellen. Dann dachte ich mir: ist es das wert? Nein, das ist es nicht. Denn, was sagt die Aussage der Person wirklich über mich aus? Rein gar nichts. Es sagt mehr über sie aus, als über mich und meine Arbeitsweise oder über mein Studium. Wenn ich jemanden, der nicht da ist, den ich nicht kenne, entwerten muss, dann habe ich ein Problem mit mir selbst. So einfach, wie so schwer.
Unter den Therapeuten gibt es den Spruch: Selbstwerterhöhung durch Entwertung anderer. Und der trifft häufiger als man denkt.
Ich habe für mich beschlossen, mich über das Vertrauen der Patientin zu freuen, die trotzdem kommt und sich sogar traut, mir das zu erzählen. Das ist das Wichtigste, für mich und für die Patientin.